Die Schattenseite von Teslas Selbstfahr-Software: Ein in Kalifornien verunfalltes Model X, bei dem der Fahrer unachtsam war und die Hände nicht am Steuer hatte. Bild: AP/KTVU
Videos sollen zeigen, wie gut Teslas «Full Self-Driving» im US-Strassenverkehr funktioniert. Dabei handelt es sich erst um eine Betaversion. Ein Fachmann warnt.
Teslas «Autopilot» sorgt seit ein paar Tagen wieder für mächtig Aufsehen im Internet. Der US-Elektroautopionier hat in der vergangenen Woche ein Software-Update an ausgewählte Tesla-Fahrer in den USA ausgeliefert. Damit wird eine Test-Version fürs vollautomatisierte Fahren installiert.
Die daraufhin im Internet veröffentlichten Videos zeigen, wie Tesla-Autos problemlos durch den Verkehr navigieren, ohne dass die Lenker nur einmal eingreifen müssen.
Abgesehen von vielen begeisterten Reaktionen wird allerdings auch Kritik laut am Vorgehen von Tesla. Der Elektroautopionier mache normale Kunden, also Laien, zu Testern.
Hier eine aussagekräftige Auswahl.
Video: YouTube/Tesla Raj
Video: YouTube/James Locke
Video: YouTube/James Locke
Es gibt mehrere Probleme.
The Verge zitiert Ed Niedermeyer von der Fachorganisation Partners for Automated Vehicle Education (PAVE):
Bekanntlich spricht Tesla von «Full Self-Driving» (FSD), was mit «vollständig selbstfahrend» übersetzt werden kann. Dem entgegnet der PAVE-Kommunikationschef, es sei äusserst wichtig, den Leuten die Unterschiede zwischen Fahrassistenz und autonomem Fahren zu klären.
Ed Niedermeyer, PAVE
Bei PAVE handelt es sich laut Eigenbeschrieb um eine Koalition aus Industrie-Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen, Einrichtungen des öffentlichen Sektors und Akademikern «mit einem Ziel: die Öffentlichkeit über automatisierte Fahrzeuge aufzuklären». Zu den Mitgliedern gehören diverse Roboterauto-Entwickler, darunter Waymo (Alphabet).
Der frühere Tech-Blogger Sascha Pallenberg, der nun für die Daimler AG tätig ist, also einen direkten Tesla-Konkurrenten, verbreitete via Twitter ein Video, das einen Beinaheunfall zeigt. Dazu schrieb er: «Das ist der Grund, warum kein einziger Hersteller Beta-Fahrassistenzsysteme auf öffentlichen Strassen und in die Hände ungeschulter Kunden bringt.»
Tesla hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass der Autopilot nur von aufmerksamen Fahrern mit beiden Händen am Steuer benutzt werden dürfe. Die Funktion sei dazu gedacht, den Lenker zu unterstützen, und sie sei nicht idiotensicher, hält The Verge fest: «Es gab mehrere Aufsehen erregende Vorfälle, bei denen Fahrer den Autopiloten aktivierten, einen Unfall hatten und gestorben sind.»
Letzte Woche kündigte Tesla-Chef Elon Musk an, dass Tesla die Beta-Version der neuen FSD-Software noch in diesem Jahr der Öffentlichkeit zugänglich machen will.
Die Kunden spielten für schnelle Software-Verbesserungen eine entscheidende Rolle, konstatiert der US-Blog Teslarati. Der Autopilot werde in naher Zukunft umso besser sein, je mehr Daten den Entwicklern zur Verfügung stehen.
Bekanntlich übermitteln alle Tesla-Modelle über mobile Internetverbindungen Daten an die Firmen-Computer. Wobei die Auswertung der riesigen Datenmengen mithilfe spezieller Algorithmen und Künstlicher Intelligenz (KI) erfolgt.
Von allen Firmen, die mit Roboterautos experimentieren, habe Tesla bislang am meisten Daten gesammelt, betont Teslarati. Teslas KI-Direktor habe verraten, dass das Unternehmen über seine Flotte bis Februar 2020 bis zu 3 Milliarden Meilen an Real-World-Daten sammeln konnte.
Zum Vergleich: Waymo habe bis heute 20 Millionen Meilen an Real-World-Daten gesammelt. Die US-Firma, eine Tochtergesellschaft von Alphabet, gilt als einer der grössten Tesla-Konkurrenten im Bereich des autonomen Fahrens.
screenshot: twitter
Wer über die Tesla-Website ein Fahrzeug bestellt, wird während des Konfigurationsprozesses gefragt, ob die Option «Volles Potenzial für autonomes Fahren» gewünscht wird. Das ist ein kostenpflichtiger Zusatz zum «Autopilot»-Funktionspaket, das alle neuen Teslas standardmässig bieten. Aktuell verlangt Tesla für die FSD-Option 7300 Schweizer Franken.
Tesla verspricht Schweizer Kunden, die ihr Fahrzeug mit FSD-Option kaufen:
Folgende Autopilot-Funktionen kommen gemäss Schweizer Tesla-Website «in naher Zukunft» hinzu:
Im Kleingedruckten wird relativiert:
quelle: tesla.com
In der Schweiz ist die Beta-Version von Teslas FSD-Software fürs autonome Fahren bislang nicht verfügbar.
Video: watson/Jara Helmi