Die Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit Moutiers findet unter grossen Sicherheitsvorkehrungen statt. Bild: KEYSTONE
Die rund 4500 Stimmberechtigten von Moutier haben entschieden, den Kanton Bern zu verlassen und jurassisch zu werden. Vor Ort herrscht Partystimmung.
Die Bevölkerung von Moutier hat entschieden: Die Gemeinde wechselt zum Kanton Jura. Sie tun dies mit einem hauchdünnen Resultat: 51,7 Prozent der Stimmbürger sagen Bern «Ade».
Vor Bekanntgabe des Wahlausgangs war die Spannung über 2 Stunden lang kaum auszuhalten. Zuerst hiess es, das Resultat komme um 15 Uhr. Später wurde 16.30 bis 17 Uhr angegeben. Schlussendlich wurden die Wähler um kurz nach 17 Uhr erlöst. Grund für die Verspätung: Die Stimmen müssen nochmals ausgezählt werden, wie «RTS» meldet.
Hunderte von Projurassiern haben das Ja mit Freudenschreien, Hupkonzerten und einem jurassischen Fahnenmeer gefeiert. Auf der Place Roland-Béguelin war am frühen Abend kein Durchkommen mehr. Die Korken knallten, als Chantal Mérillat, Präsident der autonomistischen Bewegung Moutiers, der Menge das Resultat verkündete. «On est chez nous» skandierten die Anwesenden und schwenkten die jurassischen Fahnen.
Nach dem Ja zum Kantonswechsel hat auch die jurassische Regierung ihrer Freude freien Lauf gelassen. Die in einem Sitzungszimmer versammelten Mitglieder der Kantonsregierung sprangen bei der Bekanntgabe des Resultates von ihren Sesseln auf. Sie freue sich darauf, die Einwohner von Moutier zu empfangen, sagte Regierungspräsidentin Nathalie Barthoulot der Nachrichtenagentur sda.
Bei den Pro-Berner hingegen herrscht Ernüchterung. Unmittelbar nach Bekanntgabe des Resultats glaubten sie zuerst an einen Sieg. Sie skandierten «on a gagné, on a gagné!» («Wir haben gewonnen») - bis ein Mann durch die Versammlungshalle lief und sagte: «Wir haben verloren!» Pascal Tobler, Sprecher der probernischen Jugendorganisation «Sangliers», konnte das Resultat kaum fassen, als er es nach chaotischen Momenten endlich sah.
Er sagte, das sei eine Katastrophe und schlecht für Moutier: Er gehe davon aus, dass das Spital geschlossen werde, die Feuerwehr weggehen und alles, was man in der Schule aufgebaut habe, werde zerbrechen.Es sei nicht geplant, dass die Sangliers sich noch am Sonntag träfen, sagte Tobler weiter. Es seien keine Aktionen geplant und für ihn sei die Jurafrage nun gelöst.
Für den Urnengang wurden umfassende Vorkehrungen getroffen, damit das Ergebnis hieb- und stichfest ist. Das Resultat, das heute publiziert werde, müsse absolut vertrauenswürdig und unanfechtbar sein, sagte Jean-Christophe Geiser im Vorfeld der Abstimmung, der im Bundesamt für Justiz für die Jurafrage verantwortlich ist.
Die Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit Moutiers fand auch deshalb unter grossen Sicherheitsvorkehrungen statt. Um jeden Verdacht auf Unregelmässigkeiten möglichst von vornherein ausschliessen zu können, mussten jene, die brieflich abstimmen wollten, ihr Couvert nicht der Gemeinde, sondern dem Bundesamt für Justiz in Bern senden.
Bis am Mittag konnten die Stimmberechtigten in der Sociét'Halle noch ihre Stimme abgeben. Bild: KEYSTONE
Von Bern aus wurden die fünf versiegelten Urnen am Morgen mit einer Polizeieskorte nach Moutier gebracht. Dort wurden die Abstimmungszettel der 4500 Stimmberechtigten in der Mehrzweckhalle «Sociét'Halle» seit Mittag ausgezählt.
Bis am Mittag konnten die Stimmberechtigten in der Sociét'Halle noch ihre Stimme abgeben. Davon wurde durchaus Gebrauch gemacht.
Berner Polizisten tragen versiegelte Urnen in die Mehrzweckhalle zur Auszählung. Bild: KEYSTONE
Im Städtchen herrschte am Morgen schon einiger Betrieb, namentlich auf den Terrassen von Restaurants wurde bereits da und dort gefachsimpelt, etwa im Stammlokal der Separatisten, im Hotel de la Gare. Vor dem Stammlokal war die Strasse für den Verkehr bereits gesperrt. Ansonsten war am Morgen in der Stadt kaum sichtbare Polizeipräsenz zu verzeichnen.
Das in der Nacht auf Freitag mit einem blau-weissen Emblem übermalte Jurawappen an einem Felsen oberhalb von Moutier hatte am Sonntag wieder seine ursprünglichen Farben. (kün/sda)